Spotlights – Fundstücke aus dem Archiv

In unregelmäßigen Abständen werden hier die unterschiedlichsten Fotos, Schriftstücke, Plakate und was das Archivmagazin sonst noch hergibt präsentiert und erläutert. Mal informativ, mal kurios, die Mischung macht’s.

Regelmäßig lässt das Stadtarchiv die Ausgaben der Hofheimer Zeitung eines Jahres zu Büchern binden. Die ältesten Jahrgänge liegen nun auch digital vor.

Das heutige Fundstück ist kein einzelnes Foto, eine Akte oder ein dickes Amtsbuch – es ist ein ganzer Bestand – die Jahrgangsbände der Hofheimer Zeitung. Seit der ersten Ausgabe vom 30. März 1927 ist diese Hofheimer Zeitung (HZ) das amtliche Bekanntmachungsblatt für die Stadt Hofheim. Im Stadtarchiv werden sämtliche Ausgaben der HZ seit dieser ersten Ausgabe in Jahrgangsbänden aufbewahrt. Der Bestand wächst also jedes Jahr weiter und bildet ein wichtiges Informationsmittel für unterschiedlichste Fragestellungen und einen exzellenten Einstieg in die Arbeit mit historischen Quellen.

Durch das 2020 erstmals aufgelegte Förderprogramm „WissensWandel. Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive innerhalb NEUSTART KULTUR“ zur Linderung der Auswirkungen der Corona Pandemie auf den Bibliotheks- und Archivbereich, konnte das Stadtarchiv nun die ersten Jahrgänge der Hofheimer Zeitung von 1927 bis 1943 und die nach dem Krieg durch Stadt und Kreis herausgegebenen Anzeigenblätter durch einen Dienstleister digitalisieren lassen. Aktuell laufen im Stadtarchiv noch letzte Nacharbeiten, um sinnvolle Nutzungseinheiten bereitstellen zu können. Im Neubau von Stadtbücherei und Stadtarchiv werden die Digitalisate dann über die PC-Arbeitsplätze der Bücherei der Öffentlichkeit frei zur Verfügung stehen. Die Scans wurden komplett mit OCR (Texterkennung) bearbeitet und sind somit nach Schlagwörtern durchsuchbar. Andere Möglichkeiten der Online-Bereitstellung werden zusätzlich geprüft und stehen hoffentlich bald zur Verfügung.

Wie bereits erwähnt, erschien die erste Ausgabe der Hofheimer Zeitung am Mittwoch, den 30. März 1927. Wobei „erste Ausgabe“ eigentlich nicht ganz richtig ist. Diese sollte nämlich eigentlich schon am vorhergehenden Samstag erscheinen. Das verspätete Eintreffen der neuen Druckerpresse verhinderte aber den pünktlichen Start. Ein Problem, das in Zeiten von Pandemie bedingten Lieferschwierigkeiten viele nur allzu gut nachvollziehen können.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges durfte die HZ aufgrund der alliierten Pressegesetze lange nicht herausgegeben werden. Erst am 29. Juli 1949 erschien die erste Ausgabe nach dem Krieg.

Ein Projekt im Rahmen von "WissensWandel. Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive innerhalb von NEUSTART KULTUR“ des Deutschen Bibliotheksverbands e.V. (dbv), gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

„Friedrichsdorfer Zwieback-Fabrik von Joseph Staab in Hofheim am Taunus begründet 1851“ steht auf diesem Ausschnitt einer alten Blechdose. Aber wie kam Friedrichsdorfer Zwieback nach Hofheim?

Für viele ist Zwieback heute ein relativ langweiliges Lebensmittel, das man nur während einer Diät oder im Krankheitsfall zu sich nimmt. Früher aber war Zwieback als haltbares und extrem vielseitig einsetzbares und zu verarbeitendes Nahrungsmittel sehr beliebt.

Friedrichsdorf bei Bad Homburg war im 19. Jahrhundert ein lokales Zentrum der Zwiebackproduktion. Am Ortseingang erinnert noch heute ein Holzschild mit zwei Bäckerjungen und der Aufschrift „Friedrichsdorf – Stadt des Zwiebacks“ an den einst blühenden Wirtschaftszweig. Die Friedrichsdorfer Betriebe waren mit ihrem Produkt und dessen Qualität so erfolgreich, dass die Bezeichnung „Friedrichsdorfer Zwieback“ zu einer frühen Form von Markennamen wurde, mit dem ein ausgezeichneter Ruf verbunden war.

Diesen machten sich bald auch Hersteller aus anderen Städten zu nutze. Und hier kommen wir zu unserer Blechdose. Auch die Hofheimer Bäckerei von Joseph Staab verkaufte ihren Zwieback zeitweise unter der Bezeichnung „Friedrichsdorfer Zwieback-Fabrik“. Die Bäckerei und Zwiebackfabrik Staab war bereits 1851 in Mainz gegründet worden. 1881 verlegte Joseph Staab den Sitz des Unternehmens nach Hofheim und erwarb hierfür das Haus Hattersheimer Straße 2. 1925 wurde der Betrieb um ein Café erweitert. Nachdem Bäckerei und Café 1945 von Fliegerbomben zerstört worden waren, konnte das Café, um einen Gastraum im Erdgeschoss erweitert, 1951 wiedereröffnet werden. Franz Staab, der das Unternehmen seit 1921 leitete, war im Übrigen begeisterter Heimatforscher mit einer offiziellen Grabungslizenz des Landeskonservators. Gemeinsam mit Josef Nix, aus dessen Nachlass die Zwiebackverpackung stammt, war er unter anderem maßgeblich an der Einrichtung des Hofheimer Stadtarchivs beteiligt.

Nun aber noch einmal kurz zurück zu den Friedrichsdorfer Zwieback Herstellern. Diese waren wenig begeistert davon, dass man in Berlin, Karlsruhe und eben auch in Hofheim unter dem Namen „Friedrichsdorfer-Zwieback“ produzierte und hiermit gute Geschäfte machte. Daher fügten sie rasch ihren eigenen Verpackungen das Prädikat „Echt“ hinzu. Geholfen hat es ihnen letztlich wenig. Heute wird auch in Friedrichsdorf kein Zwieback mehr hergestellt.

 

 

 

5,5 Kilogramm geballte Information. Die Stockbücher für die Hofheimer Kernstadt umfassen 26 Bände und zwei Registerbände. Ein Band ist ca. 33 cm breit, 46 cm hoch und zwischen fünf und acht cm dick. Möchte man etwas über den Besitz einer bestimmten Person erfahren oder sucht den Besitzer eines Hauses, kommt man für das 19. Jahrhundert an diesen schweren Amtsbüchern kaum vorbei.

Stockbücher waren eine Spezialität des Herzogtums Nassau, zu dem Hofheim seit 1806 gehörte. In ihnen wurde ab 1851 das Immobilienvermögen in einer Gemarkung für die einzelnen Personen mit allen darauf haftenden Beschränkungen, Lasten und Pfandrechten eingetragen. Die Stockbücher bildeten zugleich das Steuerkataster. Auch nach der Annexion des Herzogtums durch Preußen nach dem verlorenen Krieg im Jahr 1866 und die Integration in die neue preußische Provinz Hessen-Nassau wurden die Stockbücher weitergeführt. Erst 1899 wurden sie schließlich durch die Grundbücher gemäß der Grundbuchordnung ersetzt.

Bespielhalft schauen wir uns nun kurz einen Auszug aus Band 18 an. Es handelt sich um Artikel 1456, der die Besitzungen Franz Arnets auflistet. Arnet war der erste Bahnhofsvorsteher Hofheims und Wirt des Pfälzer Hofs (Gebäude gegenüber dem Bahnhof), in dem heute die Hofheimer Musikschule untergebracht ist. Laut seinem Stockbuchartikel besaß er nicht nur den Pfälzer Hof, sondern auch Weinberge und Wiesen. 

Aus dem Eintrag zum Pfälzer Hof erfahren wir unter anderem, dass Arnet das Haus am 18. Juli 1883 gemeinsam mit seiner Ehefrau Elisabeth kaufte. Wir erfahren die Außenmaße des Gebäudes und dass es über ein Stiegenhaus (Treppenhaus), eine Wirtsstube mit Kegelbahn, eine Wagnerwerkstätte, einen Hofraum und einen Hausgarten verfügte. Auch die Lage des Hauses wird beschrieben. Aus den Artikeln geht meist ebenfalls hervor, an wen etwas weiterverkauft oder vererbt wurde. Auf diese Weise lassen sich mit den Stockbüchern Besitzerwechsel aber auch bauliche Veränderungen hervorragend nachvollziehen.

Wer den ganzen Artikel lesen möchte, findet unter den folgenden Links hilfreiche Tipps zum Lesen und Transkribieren alter Handschriften. 
www.gda.bayern.de/DigitaleSchriftkunde/
Handschriften lesen - online | Hessisches Landesarchiv (hessen.de)

Nun noch ein Dankeschön: Dem Hofheimer Genealogen Wilfried Wohmann ist es zu verdanken, dass Recherchen in den Stockbüchern heute wesentlich leichter fallen. Wohmann transkribierte die beiden Registerbände und erstellte eine Excel-Tabelle, über die die teils über mehrere Bände laufenden Verweise nachvollzogen werden können.

1952 feierte Hofheim die Verleihung des Stadtrechts vor 600 Jahren. Bei der Jubiläumslotterie konnte man richtig abräumen.

In Zeiten von Corona sehnen wir uns nach etwas Normalität. Besonders die Absagen vieler Hofheimer Feste schmerzten im vergangenen Jahr sehr. Denn dass die Hofheimer feiern können, weiß man. Dies zeigten sie auch 1952. 600 Jahre war es her, dass Hofheim 1352 vom Kaiser die Stadtrechte verliehen bekommen hatte. Zehn Tage lang feierte die Stadtgesellschaft dieses denkwürdige Jubiläum und das Festprogramm war bunt. Eines der Highlights war sicher die Jubiläumslotterie. Im Stadtarchiv lagert ein Originalplakat von damals.

 

Die Gewinne konnten sich sehen lassen. Ein freier Bauplatz, Motorräder, Fahrräder, Nähmaschinen, ein Radio und Fotoapparate brachten Viele dazu, sich ein Los zuzulegen. Die absoluten Highlights aber waren der 1. und 2. Preis: Je ein schlüsselfertiges Wohnhaus mit Küche, Bad und Garten in der Germanenstraße.

 

Nicht nur in Hofheim konnte man die Lose kaufen. Und so kamen auch die Gewinner eines der beiden Häuser nicht aus der Stadt. Eine in Frankfurt ausgebombte Familie, die nach Kriegsende in Niedernhausen untergekommen war, fand auf diese Weise in Hofheim ein neues Zuhause. Ohne die damals zehnjährige Tochter wäre es aber nie so weit gekommen. Als die Losverkäufer in Niedernhausen unterwegs waren, war sie es nämlich, die ihren Großvater so lange quälte, bis er ihr die Mark für das Los schenkte. Die Glückszahl lautete 60292. Scheinbar gönnten die Hofheimer der vom Schicksal gebeutelten Familie ihr Glück. Die Hofheimer Zeitung schrieb am 18. Juli 1952: „Von der Bevölkerung ist es mit großer Genugtuung aufgenommen worden, dass der Hauptgewinn auf die Frankfurter Evakuierten gefallen ist.“ Weiter ist dort zu lesen, dass schon wenige Tage nach der Ziehung der Erste Beigeordnete Adam Stang, der den zu dieser Zeit suspendieren Bürgermeister Nilges vertrat, der glücklichen Gewinnerfamilie die neue Bleibe zeigen und übergeben konnte. Der spendable Großvater, ohne dessen Finanzierung der Gewinn nicht möglich gewesen wäre, verlegte seinen Wohnsitz übrigens kurzerhand auch von Frankfurt nach Hofheim und zog gleich mit ins neue Haus.

Anlässlich des deutschlandweiten Festjahres „2021JLID – Jüdisches Leben in Deutschland“ starten wir unsere neue Serie „Spotlights – Fundstücke aus dem Stadtarchiv“ mit einem besonderen Foto der Hofheimer Synagoge.

Dieses im Original 10 x 7,5 cm kleine Schwarzweißfoto wurde am 12. August 1931 vom Hofheimer Lehrer und Heimatforscher Josef Nix aufgenommen und ist Teil eines 1941 von ihm zusammengestellten Albums, in dem er die Geschichte seiner Familie dokumentierte. Das Album befindet sich erst seit Oktober 2019 im Stadtarchiv und ist Teil einer Schenkung, der in den USA lebenden Nix-Enkelin Hermi Woodward.

Auf dem Foto zu sehen ist der Blick durch das Burggrabengässchen von der Burgstraße aus. Die beiden Personen sind Josef Nix Ehefrau Friederike geborene Staab und seine Tochter Elisabeth. Ganz hinten im Bild erkennt man eines der markantesten Gebäude der Hofheimer Altstadt: den Büttelturm, liebevoll auch Türmchen genannt. Ehemals Teil der nach der Verleihung des Stadtrechts ab 1352 erbauten Stadtbefestigung, diente der obere Teil des Turms bis ca. 1780 als Wohnung für den Gerichtsdiener, damals Büttel genannt. 1787 versteigerte die Stadt den für sie inzwischen entbehrlichen Turm an den Privatmann Anton Krimmel. Wie lange Krimmel Besitzer des Gebäudes blieb, ist nicht bekannt. Fest steht aber, dass irgendwann zwischen 1795 und dem Anfang des 19. Jahrhunderts die jüdische Cultusgemeinde Hofheim den Turm erwarb und hier ihre Synagoge einrichtete.

Und eben an dieser Stelle kommt dem obigen Foto eine ganz besondere Bedeutung zu. Wenn man genau hinsieht, erkennt man auf der Spitze des Turms einen sechszackigen Davidstern. Auf keinem anderen Foto im Stadtarchiv ist dieses Symbol zu sehen und der Turm somit auch äußerlich eindeutig als Synagoge zu erkennen. Wahrscheinlich wurde der Stern erst recht spät auf dem Gebäude angebracht, vielleicht bei der großen Renovierung der Synagoge 1925. Damals entstanden in dem zweistöckigen Gebäude 20 Sitzplätze für männliche und 10 für weibliche Gemeindemitglieder. Der nun erstmals dokumentierte Davidstern spielt eine zentrale Rolle in einem Zeitzeugenbericht zur Reichspogromnacht am 9. November 1938, in der auch die Hofheimer Synagoge verwüstet und die Inneneinrichtung zerstört wurde. Nach den Schilderungen des Hofheimers Joseph Rufa wurde ein ansässiger Handwerker, vermutlich Schmied oder Schlosser, gezwungen, den Stern vom Dach zu holen und in seiner Werkstatt ein Hakenkreuz anzufertigen, das an dessen Stelle angebracht wurde. Ende des Jahres 1938 musste die Cultusgemeinde das Gebäude der Stadt unentgeltlich übertragen. Nach 1945 wurde das Türmchen für die unterschiedlichsten Zwecke genutzt, bis 1982 der Umbau zu einem Restaurant begann.

Jüdisches Leben in Deutschland - JLID2021 (2021jlid.de)