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Verfahren Vorderheide II: Bürgermeister beanstandet Stadtverordnetenbeschluss und erhält Rückendeckung durch den Magistrat

HOFHEIM Die Hessische Gemeindeordnung gibt vor, dass der Bürgermeister die Pflicht hat, Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung zu widersprechen, wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen. Insoweit hat der Bürgermeister auch keinen Ermessensspielraum. Darüber hinaus kann der Bürgermeister einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung widersprechen, wenn der Beschluss das Wohl der Gemeinde gefährdet, um damit Risiken finanzieller Art zu minimieren. Deshalb wird Bürgermeister Christian Vogt Widerspruch gegen die in der Stadtverordnetenversammlung am 25. März 2022 zustande gekommenen Beschlüsse zum Thema „Nichtzulassungsbeschwerde Vorderheide II vor dem VGH“ einlegen.
Der Beanstandung in vollem Wortlaut ist auch mit breiter Mehrheit der Magistratsmitglieder am gestrigen Mittwoch, 30. März 2022, der Magistrat gefolgt. Der Magistrat hat in seinem Beschluss zustimmend das weitere Vorgehen und die inhaltliche Begründung zur Kenntnis genommen. Hierüber wurde der Stadtverordnetenvorsteher in Kenntnis gesetzt.

Nach aktueller Rechtsprechung des VG Kassel (Urteil vom 22.01.2021 - 3 K 4693/17.KS) ist für die Prüfung, ob eine Rechtsverletzung im Sinne von § 63 Abs. 1 HGO vorliegt, die nach pflichtgemäßer Prüfung gebildete subjektive Überzeugung des Bürgermeisters (BGM) entscheidend; nicht Voraussetzung ist eine objektiv unbestreitbare Voraussetzung der Sach- und Rechtslage.

Die drei in der Stadtverordnetenversammlung (SVV) am 25.03.2022 getroffenen Beschlüsse
• zum Geschäftsordnungsantrag der Fraktionen CDU, FDP, FWG ,
• zum Änderungsantrag der Fraktion CDU, FDP, FWG zum Beschlussvorschlag zu TOP 2 und
• zur Vorlage STV2022/047
verstoßen aus den folgenden Gründen gegen geltendes Recht:

1. Risikoabwägung
Eine durch den BGM vorgenommene Risikoabwägung unter Abschätzung der möglichen finanziellen Auswirkungen kommt dabei zu dem nachfolgenden Ergebnis. Die Notwendigkeit einer Risikoabwägung ergibt sich aus der aktuellen Fragestellung, ob eine Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgen wird. Es geht hierbei ausschließlich um die Betrachtung möglicher finanzieller Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Stadt.

a. Möglicher Amtshaftungsansprüche gegen das Land Hessen wegen der unzureichenden Meldung von Schutzgebieten zugunsten des Gartenrotschwanzes in Hessen
Sofern die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wird, hätte dies finanziell mögliche Amtshaftungsansprüche gegen das Land Hessen i.H.v. insgesamt ca. 3,2 Mio. Euro zur Folge.

Dieser Betrag setzt sich dabei aus folgenden Einzelpositionen zusammen:
• 1,1 Mio. Euro für getätigte Aufwendung für Anwalts- und Gutachterkosten, die der Stadt im Zusammenhang mit dem gesamten Gerichtsverfahren zur Vorderheide II entstanden sind,
• 0,4 Mio. Euro der Stadtwerke für Entwässerungskonzepte,
• 1,5 Mio. Euro, die der Terramag GmbH bisher im Kontext der Bauleitplanung für die Beauftragung von Planungsbüros für u.a. Gutachter entstanden sind.
• 0,2 Mio. Euro für die Aufstellung des Bebauungsplans der Firma Entwicklungsgesellschaft Hofheim GmbH & Co. KG (EGH).
• Weitere mögliche Aufwendungsersatzansprüche der EGH gegen die Stadt sind aktuell noch nicht verifiziert; ggf. können die vorgenannten Beträge nicht unerheblich steigen.

b. Mögliche vertragliche Verpflichtungen gegenüber Dritten, die erfüllt werden müssten, sollte die Nichtzulassungsbeschwerde nicht eingelegt werden.
• 1,5 Mio. Euro, die der Terramag GmbH bisher im Kontext der Bauleitplanung für die Beauftragung von Planungsbüros entstanden sind.
• 0,2 Mio. Euro für die Aufstellung des Bebauungsplans der Firma Entwicklungsgesellschaft Hofheim GmbH & Co. KG (EGH).
• Weitere mögliche Aufwendungsersatzansprüche der EGH gegen die Stadt sind aktuell noch nicht verifiziert; ggf. können die vorgenannten Beträge nicht unerheblich steigen.

c. Kosten die durch Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde entstehen können
Demgegenüber würde bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ein ein derzeit noch nicht konkret bezifferbarer mittlerer fünfstelliger Betrag für Rechtsanwaltskosten (ca. 40.000,- Euro) sowie voraussichtliche Gerichtskosten zwischen 5.000,00 und 10.000,00 Euro anfallen.

2. Verstoß gegen § 92 HGO
§ 92 der HGO verpflichtet die Gemeinde – nicht nur den Magistrat oder nur den Kämmerer! –zu einer sparsamen Haushaltsführung. Zusätzlich hat die Gemeinde alle finanziellen Risiken zu minimieren. An dieser gesetzlichen Vorgabe haben alle Mandatsträger als Teil der Gemeinde ihr Handeln auszurichten.

Das in der Vorlage STV2022/047 vorgetragene Kostenargument spricht für die Erheblichkeit der Sache. Zugleich ist es eines der stärksten Argumente für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (NZB). Denn die Prozesskosten gehen bei Rechtskraft der Entscheidungen in jedem Fall zu Lasten der Stadt. Auch die Kosten der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde sowie die damit zusammenhängenden Rechtsanwaltsgebühren sind bereits zum erheblichen Teil angefallen und müssten bei Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde von der Stadt getragen werden (§ 155 Abs. 2 VwGO). Es fielen dann zumindest noch die ermäßigten Gerichtsgebühren und die Rechtsanwaltsgebühren an.

Als finanzielle Risiken, die darüber hinaus auch geeignet sind, das Wohl der Gemeinde zu gefährden, wurden folgende Sachverhalte bereits ausführlich dargestellt:

a. Verlust möglicher Amtshaftungsansprüche gegen das Land Hessen wegen der unzureichenden Meldung von Schutzgebieten zugunsten des Gartenrotschwanzes in Hessen
Sollte die Kreisstadt die Entscheidung des VGH Kassel nicht mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde angreifen, scheidet ein Amtshaftungsanspruch sehr wahrscheinlich wegen § 839 Abs. 3 BGB aus. Bei den übrigen Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG wäre eingehend zu prüfen, ob die Pflicht zur Ausweisung der Vogelschutzgebiete auch die bauleitplanerischen und damit individuellen Interessen der Stadt Hofheim schützt.
b. Mögliche vertragliche Verpflichtungen gegenüber der EGH
Im Managementvertrag vom 09.03.2010 befindet sich in § 11 eine Kooperationsverpflichtung, wonach die Vertragsparteien vereinbaren, sämtliche Handlungen und Maßnahmen zu ergreifen und durchzuführen, die der Erreichung des Vertragszwecks, der Entwicklung eines Bebauungsplans für das Baugebiet „Vorderheide II“, dienlich sind.
Darüber hinaus wurde in § 12 Abs. 4 zwischen beiden Seiten vereinbart, dass, wenn der Vertrag aus einem wichtigen Grund beendet wird, den die Stadt zu vertreten hat, der EGH das Honorar für die bereits erbrachten Leistungen zusteht.
Ebenfalls wurde in dem zugehörigen „Umlegungsvertrag“ in § 11 Ziffer 5 zwischen den beiden genannten Parteien vereinbart, dass, wenn der Vertrag aus einem wichtigen Grund beendet wird, den die Stadt zu vertreten hat, der EGH ein Anspruch auf Ersatz der bei ihr angefallenen Aufwendungen, die zur Durchführung des Vertrags notwendig waren, zusteht.

Das entsprechende Memorandum der Kanzlei „Klinkert Rechtsanwälte PartGmbB“ sagt, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde im schlimmsten Fall sogar zu möglichen Schadensersatzansprüchen gegen die Kreisstadt Hofheim führen könnte.
Insoweit ist schon aus anwaltlicher Vorsicht der gesamte Rechtsweg auszuschöpfen. Gleiches gilt für etwaige Ansprüche der Stadt gegen das Land.


3. Verstoß gegen § 71 Abs. 1 S. 1 HGO: Nicht gegebene Zuständigkeit der SVV
Der in der Vorlage STV2022/047 als Begründung angeführte § 51 Nr. 18 HGO für die Frage der Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung nimmt nur auf die Entscheidung darüber Bezug, ob ein Rechtsstreit geführt oder ein Rechtsmittel eingelegt werden soll, nicht aber die „Prozessführung“, die dem Magistrat nach § 71 Abs. 1 S. 1 obliegt. Daher steht der Stadtverordnetenversammlung die Beurteilung, „aus unserer Sicht wurden nicht gegen alle tragenden Urteilsbegründungen des VGH Gegenargumenten dargelegt, die die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde belegen und den hohen Darlegungsanforderungen des § 133 VwGO genügen würden.“ nicht zu. Dies zu beurteilen, obliegt allein dem Magistrat bzw. den von diesem beauftragten Rechtsanwälten. Ein Argument für die Erheblichkeit i. S. d. des § 51 Nr. 18 HGO ist dies jedenfalls nicht.

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