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Karl Schmidt-Rottluff

Kraft der Linie. Graphik und Plastik

Als Karl Schmidt-Rottluff, Gründungsmitglied der Künstlergemeinschaft „Brücke“ und ein Hauptvertreter des deutschen Expressionismus, 1976 im Alter von 92 Jahren starb, hinterließ er ein umfangreiches Ouevre, das jedoch noch längst nicht vollständig erschlossen ist. Erst seit den 1980er Jahren mehren sich – zumindest in Deutschland – die Karl Schmidt-Rottluff gewidmeten Ausstellungen. Ein Grund mag sein, dass er als das schweigsamste Gründungsmitglied der „Brücke“ galt. Hinzu kommt seine konsequente Abneigung gegen jeden Persönlichkeitskult, die zu einem Leben in äußerster Zurückgezogenheit führte.

Ruhe und Einkehr, Naturerlebnis und Stille, das Bedürfnis nach Distanz akzeptierende Freundschaft, hatte Karl Schmidt – Rottluff seit 1932 über Jahrzehnte in Hofheim am Taunus im Blauen Haus bei Hanna Bekker vom Rath gefunden. Ihr Einsatz für ihn unter dem NS-Regime und auch nach 1945 bis zu seinem Tode hat den großen Schweiger der deutschen Kunstgeschichte Jahr um Jahr in den Frühjahr- und Herbstmonaten nach Hofheim am Taunus gezogen. Hier entstanden viele seiner Arbeiten.

1996 jährt sich der Todestag von Karl Schmidt-Rottluff (1884 – 1976) zum 20. Mal. Dies nimmt der Magistrat der Stadt Hofheim am Taunus zum Anlass, eine, frei vom Zwang des Ausstellungsbetriebs großer Museen, auf die Themenstellung „Kraft der Linie“ konzentrierte Ausstellung zu präsentieren. Auch eine größere Anzahl an Werken aus städtischem Besitz werden in diesem thematischen Zusammenhang präsentiert.

Nur wenige Ausstellungen zeigten überhaupt seine plastischen Arbeiten: „Plastik und Kunsthandwerk von Malern des deutschen Expressionismus“ (Schloß Gottorf, 1960), „Skulptur des deutschen Expressionismus“ (Los Angeles und Düsseldorf, 1984). Erst 1989 präsentierte die „Schmidt-Rottluff-Retrospektive“ in Bremen und München plastische Arbeiten aus Holz, Stein und Bein im Rahmen seines Gesamtwerks.
So ist bisher wenig bekannt, dass Schmidt-Rottluff parallel zu seinen Gemälden, Aquarellen und graphischen Arbeiten zwischen den zehner und fünfziger Jahren kontinuierlich plastische und kunsthandwerkliche Objekte schuf, wobei er bei den frühen Werken (ca. 1912 - 1924) hauptsächlich Holz, später Stein und Bein bearbeitete, Bronze verwendete er selten.

Die Ausstellung „Kraft der Linie“ des Stadtmuseums Hofheim am Taunus greift Linie als ein wesentliches Stilelement des Künstlers anhand graphischer und plastischer Arbeiten heraus und stellt damit Bezüge innerhalb seines Gesamtwerks dar. Der offensichtlichste Zusammenhang ist das Ausgangsmaterial: Holz bzw. Stein, woraus Holzschnitte und Holzplastiken, bzw. Lithographien und Steinschnitte entstehen. Thematisch ist die Auswahl der graphischen Blätter auf Akte und Köpfe eingegrenzt, Sujets, die Schmidt-Rottluff in den Steinarbeiten der 40er und 50er Jahre bevorzugt, während sie in Aquarell und Zeichnung des gleichen Zeitraums in den Hintergrund treten.
Selbstbildnisse, denen in Ausstellung und Katalog ein eigener Bereich eingeräumt wird, sind dagegen ein Thema, das der Künstler in allen Werkphasen und in allen Techniken aufgegriffen hat.

Mit „Kraft der Linie“ spielt die Ausstellung bewusst an auf die von Fritz Bleyl, ebenfalls Gründungsmitglied der „Brücke“, geprägte Charakterisierung Schmidt-Rottluffs: „mit Blick und Wesen und der Pranke des Löwen“. Dieser Ausdruck von Kraft, ein Wesenszug des Expressionismus, reicht von der kräftigen Farbigkeit seiner Gemälde über den kraftvollen Schwarz-Weiß-Kontrast insbesondere der Holzschnitte bis in das kräftezehrende Bearbeiten der Steine. Um die Konzentration auf die Linie in Graphik und Plastik zu erreichen, verzichtet die Ausstellung ganz auf die Präsentation von Ölbildern.

Gezeigt werden dagegen eine Auswahl an Aquarellen, die auf die Verbindung des Künstlers zu dem Ausstellungsort Hofheim hinweisen: Hier war der Wohnsitz der Sammlerin, Mäzenin und späteren Kunsthändlerin Hanna Bekker vom Rath (1893-1983), in deren „Blauen Haus“ sich Schmidt-Rottluff seit 1932 regelmäßig aufhielt, wo viele seiner Arbeiten entstanden und manche Eingang in ihre Sammlung fanden.
Die etwa 70 Exponate setzen sich zu fast gleichen Teilen aus graphischen und plastischen Werken zusammen. Leihgeber sind Museen in Deutschland, darunter das Brücke-Museum Berlin, das Schleswig-Holsteinische Landesmuseum Schloß Gottorf und die Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz, sowie private Sammler des In- und Auslands.

Ein Katalog (132 Seiten, DM 30,-) begleitet die Ausstellung.
Ausstellung und Katalog konnten realisiert werden durch die freundliche Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, der Artregio der Hessisch-Thüringischen Brandversicherungsanstalt Kassel-Erfurt-Sparkassen Versicherung sowie des Landes Hessen.

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