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Drei Bildhauerinnen

Louise Stomps – Emy Roeder – Wanda Pratschke

Dem Schaffen von Künstlerinnen in der Kunst des 20. Jahrhunderts widmet die Forschung zunehmende Aufmerksamkeit. Bildhauerinnen stellen in dieser Gruppe jedoch eine immer noch zu Unrecht vernachlässigte Minderheit dar. Diese Lücke zu schließen, dazu will die Ausstellung „Drei Bildhauerinnen. Emy Roeder – Louise Stomps – Wanda Pratschke“ beitragen.
Mit Emy Roeder (1890 – 1970), Louise Stomps (1900 – 1988) und Wanda Pratschke (geb. 1939) werden drei Generationen von Bildhauerinnen vorgestellt, die alle ihre Bezüge zu der Stadt Hofheim haben.

Emy Roeder und Louise Stomps verband seit Beginn bzw. Ende der 1930er-Jahre eine langanhaltende Freundschaft mit der Hofheimer Sammlerin und Mäzenin Hanna Bekker vom Rath. Beide hielten sich regelmäßig zu Besuchen in ihrem „Blauen Haus“ auf und alle drei Bildhauerinnen sind mehrfach in Ausstellungen des Frankfurter Kunstkabinetts Hanna Bekker vom Rath vorgestellt worden. Wanda Pratschke ist zudem mit ihrer „Großen Liegenden“ am Kreishaus des Main-Taunus-Kreises im öffentlichen Raum der Stadt präsent.
Im Schwerpunkt wird die Auseinandersetzung der drei Bildhauerinnen mit der weiblichen Figur gezeigt, wobei jede für sich spricht und gleichzeitig die Auffassung ihrer künstlerischen Generation widerspiegelt. Zusätzlich werden Zeichnungen präsentiert, die in thematischen Zusammenhang mit den plastischen Arbeiten stehen und doch einen eigenständigen Teil ihres Oeuvres darstellen, wie etwa die Kreidezeichnungen Emy Roeders.
Die 38 Plastiken und 20 Zeichnungen kommen aus Privatbesitz und öffentlichen Sammlungen, u. a. von der Städtischen Galerie Würzburg. Von Emy Roeder und Wanda Pratschke werden in erster Linie Bronzen, von Louise Stomps Holz- und Steinskulpturen präsentiert.

Emy Roeder (1890-1970) zählt bereits in der Weimarer Republik zu den bedeutendsten und meist rezipierten Bildhauerinnen. Seit 1915 in der lebhaften Metropole Berlin ansässig, findet sie schließlich zu einer eigenständigen Stilsynthese, die aus der eingehenden Beschäftigung mit dem Expressionismus sowie verschiedenen Abstraktionstendenzen zeitgenössischer Plastik resultiert. Zu ihrem Berliner Freundeskreis zählen Rudolf Belling, Erich Heckel, Max Kaus und Karl Schmidt-Rottluff.

Die Künstlerin bleibt immer dem Figurativen verbunden. Thema ihrer Plastiken sind Menschen und Tiere. Schon bei den weiblichen Porträts und Büsten, mit denen ihr Werk beginnt, dominiert die Form. Sie übersetzt die plastischen Einzelheiten und ihre physischen Funktionen in Form, in kubische Blocks von großer Geschlossenheit. Tiefste Menschlichkeit hat sie bei den ganz Armen gefunden (Bauern, Fischern, Hirten, Zigeunern).
Immer wieder gestaltet sie das Thema Mädchen und Frau, ihr Schicksal, Pubertät, Schwangerschaft, Mutter und Kind. 1919 formt sie erste Tierplastiken, die später in ihrem Werk gleichberechtigt neben Porträts und Figuren stehen und in denen sie ebenfalls Mütterlichkeit thematisiert. 1920 entstehen erste freiplastische Gruppenplastiken, eingespannt in einen einzigen Umriß, der zur Reliefhaftigkeit führt. Die Figuren sind in Flächen, die sich scharfwinklig berühren, geordnet, so daß die Einzelfiguren nicht selbständig ablösbar sind. Ab 1925 ist ihr Hauptarbeitsgebiet die freie Bronze. Durch die Verfemung im Dritten Reich verliert sie die meisten ihrer frühen Werke. Emy Roeder hat durch viele Schaffensperioden hindurch immer wieder dasselbe Thema aufgegriffen und variiert. Das Motiv menschlicher und kreatürlicher Zuneigung spielt in ihrem Werk eine zentrale Rolle.

Louise Stomps (1900-1988), in ihrer akademischen Phase des Lernens (z.B. besucht sie 1928-1932 die Hochschule für Bildende Künste, Berlin) zeigen sich deutliche Bezüge zu Barlach, Kollwitz und Milly Steger, letztere war ihre Lehrerin. Deutlich wird jedoch schon hier die klare Kontur in einer Verbindung von Ornament und Körperlichkeit. Während des Dritten Reiches ganz zurückgezogen arbeitend, ohne Ausstellungsmöglichkeit, tritt sie nach 1945 erstmals in die Öffentlichkeit.
Die meisten Plastiken sind lebensgroß. Es existieren aber auch viele Kleinplastiken, die von der formalen Struktur her fast immer monumental wirken. Louise Stomps steht formal zwischen gegenständlichen und figürlichen Formen. Anklänge ans Figürliche, wenn auch oft in äußerster Reduzierung auf nur noch Chiffrenhaftes, bleiben zumeist spürbar, die menschliche Gestalt ist stets Ausgangspunkt. Seit den 1940er Jahren beginnt eine Hinwendung zur Holzbildhauerei in abstrahierender Naturanschauung, deren Formenstrenge und Vielgestaltigkeit ihr Werk zu einem eigenständigen Beitrag in der deutschen Nachkriegskunst macht. Ihre Entwicklung von der Gegenständlichkeit zur Abstraktion wird beispielhaft dokumentiert.

Wanda Pratschke (geb. 1939) gehört der zeitgenössischen Künstlerinnengeneration an. Ihr Hauptthema sind weibliche Figuren, die sie einzeln oder als Gruppe darstellt. Die Künstlerin besucht zunächst 1956-61 die Meisterschule für das Kunsthandwerk (Bühnenbild) in Berlin und wird Assistentin bei Franz Mertz an den Städtischen Bühnen Frankfurt am Main. Während sie ihre beiden Töchter großzieht, studiert sie 1976-1979 an der Städelschule Malerei bei J. G. Geyger und Bildhauerei bei Willi Schmidt. 1983 belegt sie an der Sommerakademie Salzburg Kurse bei Markus Lüpertz und Wolf Vostell. Trotz ihrer zweigleisigen Ausbildung in Malerei und Plastik entscheidet sich Wanda Pratschke eindeutig für die Bildhauerei. Wanda Pratschkes Hauptthema ist die Darstellung des Weiblichen. Ihre Arbeiten in Bronze mit dunkler Patina, deren rauhe Bearbeitungsspuren sie sichtbar lässt, sind Sitzende, Hockende, Liegende, die fern jeder narzißtischen Idealisierung stehen. In ihrer Schwere und Erdverbundenheit ruhen sie in sich selbst.

Katalog: 100 Seiten, 25,- DM, 70 s/w Abbildungen.
Veranstalter: Magistrat der Stadt Hofheim am Taunus - Stadtmuseum/Stadtarchiv - in Zusammenarbeit mit dem Förderkreis Stadtmuseum Hofheim am Taunus e.V., dem Kunstverein Hofheim e.V. und der Volkshochschule Main-Taunus-Kreis.
Mit freundlicher Unterstützung der Gemeinnützigen Stiftung der Taunussparkasse, des Hessischen
Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, Maximiliane und Kurt Kraft, der Naspa-Stiftung „Initiative und Leistung“ und der SparkassenVersicherung Hessen-Nassau-Thüringen.

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