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Ludwig Meidner. Kneipe und Café

Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafik

Die Hofheimer Ausstellungsaktivitäten des Jahres 1991 stellten das Schaffen Ludwig Meiders in seiner Marxheimer Zeit in den Vordergrund. In der ländlichen Atmosphäre von Marxheim, einem Stadtteil von Hofheim am Taunus, verbrachte Ludwig Meidner, nach vielen vorangegangenen Besuchen bei Hanna Bekker vom Rath, acht Jahre seines Lebens. Mit ihrer Hilfe fand er hier ein neues Refugium für seine künstlerische Arbeit. Das Thema Kneipe und Café berührte ihn hier nur am Rande, in Form seiner Besuche im hiesigen Jazz-Keller.

Aus dieser Verbundenheit heraus wird nun ein Teilaspekt seiner Arbeiten der Berliner und Londener Zeit vorgestellt. Die Bildnisse von Kneipen und Cafés vermitteln seine seelischen Befindlichkeiten und geben einen Einblick in die Biographie des "alten und kauzigen Malers", der von 1955 bis 1963 in Marxheim lebte.

Kneipe und Café sind heute Synonyme für Freizeit, Geselligkeit und Vergnügen. In unseren Tagen ist die Verweildauer in den entsprechenden Räumlichkeiten auf Stunden festgelegt, auf Terminkalender abgestimmt, in ein Regelwerk der Abwechslung eingebettet.
Die Ausstellung will die Welt des Großstadtmalers im Berlin der 1910er Jahre näher bringen und lebendig werden lassen. Der Themenbereich Kneipe und Cafe hatte Ludwig Meidner schon früh in seinem Werk beschäftigt. Sein Aufenthalt in Paris 1906/07, wo er das bekannte Boheme-Cafe "Lapin agile" auf dem Montmarte frequentierte, führte ihn auf die Spur des Themas, das erst im Spätwerk 1956 seinen Endpunkt finden sollte.

Die Schilderung des Treffpunkts der Boheme, dem Kulminationspunkt von bürgerlicher und subkultureller Welt, der "Wechselstube der Gedanken und Pläne, des geistigen Austauschs, die Produktenbörse der Dichtung", wie es Max Krell - Lektor bei Ullstein und Stammgast im Romanischen Cafe so treffend formulierte, interessierte Ludwig Meidner im Besonderen.
In der Hochphase des Expressionismus, wo Ludwig Meidner in Berlin zu den Etablierten der einschlägigen Szene gehörte, entstanden in den Jahren 1913 bis 1915 eine ganz Reihe großformatiger Meisterwerke der Zeichnung, die ihm eine dauerhafte Bedeutung für die Zeitepoche sichern.

Das Caféhaus ist eines der Motive in Meiders Werk, das Nachklang im Spätwerk der ausgehenden Englandzeit gefunden hat. Am Ende der verfolgungsbedingten Exilzeit, der Zeit, in der Ludwig Meidner nach entbehrungsreichem Überleben wieder Kontakt zur alten Heimat knüpfte, entstand eine Serie von Werken, die die Isolation des Künstlers in einer ihm fremd gebliebenen Umgebung zum Inhalt nimmt. Mit Porträtaufnahmen und Totenwachen überwand er die leidvollste Zeit seines Lebens. In symbolbeladenen Darstellungen zeichnete er sich seine alptraumhaften Bedrängungen von der Seele. Sie lesen sich wie eine Antwort auf die hochgestimmten, explosiv-futuristischen Darstellungen des Expressionismus und seiner Folgezeit.

Durch die umfassenden Retrospektiv-Ausstellungen im Jahre 1991, die die Städte Darmstadt und Hofheim am Taunus veranstalteten, ist Ludwig Meidner wieder in den Kreis der Expressionisten zurückgekehrt, die das Bild der Kunst der Großstadt im ersten Viertel unseres Jahrhunderts nachhaltig in allen Facetten geprägt haben.
Mit dieser Ausstellung soll der Blick neuerlich auf das Lebenswerk des Künstlers gerichtet werden, der seine inzwischen einsetzende Popularität vorrangig dem hochklassigen expressionistischen Werk verdankt. Daß seine späteren Werkschöpfungen im übertragenen Sinne gleichbedeutend sind, soll anhand der Originale überprüfbar gemacht werden. Insofern verspricht die Ausstellung eine Neubewertung des Gesamtschaffens von Ludwig Meidner einzuleiten.

Katalog: Ludwig Meidner 1884 - 1966. Das druckgraphische Werk. Ein Überblick. (20.09.-20.10.1991). Hrsg.: Winfried Flammann im Auftrag des Magistrats der Stadt Hofheim am Taunus, 1991. Bearbeitung und Text: W. Flammann. 93 S., 40 Abb., 251 Katalognummern, € 10,20 (ISBN 3-933735-00-9.

Veranstalter: Magistrat der Stadt Hofheim am Taunus - Kulturamt/Stadtmuseum - in Zusammenarbeit mit Frauen helfen Frauen MTK e.V., Gleichstellungsbeauftragte des Main-Taunus-Kreises, Kunstverein Hofheim e.V., Ludwig Meidner Gesellschaft e.V., Main-Taunus-Schule Hofheim sowie dem Café Flot.


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Schülerausstellung

Kneipe und Café
Orte, Namen, Szenen, Bilder
Eine Ausstellung von Zeichnungen, Malerei und Druckgrafik
im Café Flot, Hauptstraße 4
9.11.1994 - 11.12.1994
Eröffnung, Dienstag 8.11.1994, 18.00 Uhr
Schülerinnen und Schüler der Main-Taunus-Schule Hofheim, Stufe 11/12


Veranstaltungen

"Ich will keinen Kerl, ich will nur einen Drink"
Die ´Neue Frau` in Café und Bar der zwanziger Jahre
Lichtbilder-Vortrag von Linda Hentschel, Marburg
Dienstag, 8.11.1994, 20.00 Uhr
Stadtmuseum Hofheim am Taunus, Burgstraße 11
Eintritt: DM 3,-
in Zusammenarbeit mit Frauen helfen Frauen MTK e.V. und der Gleichstellungsbeauftragten des Main-Taunus-Kreises

"Du Café - Paradies der Lebendigen"
Ein Abend mit Texten aus Werken Ludwig Meidners und seiner Zeitgenossen zur Caféhaus-Kultur
Lesung von Edgar M. Bölke
Mathias Fuchs spielt Werke von Eric Satie
Dienstag, 6.12.1994, 20.00 Uhr
Eintritt: DM 8,-; ermäßigt DM 5,-
Stadtmuseum Hofheim am Taunus, Burgstraße 11
in Zusammenarbeit mit dem Kunstverein Hofheim e.V.
und der Ludwig Meidner Gesellschaft e.V.

Jazz im Museumskeller
Reminiszenzen an Ludwig Meidner
Sonntag, 27.11.1994, 11.30 Uhr
Reminiszenzen an Ludwig Meidner
Es spielt das "Plexus Trio", Klangbilder mit Ralph Schmidt (Saxophon)
Oliver Bott (Vibraphon, Percussion)
Thomas Peter-Horas (Klavier)

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